Sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem Newsletter blickt die GOTS auf die Highlights des Sommers zurück: Welche neuen Erkenntnisse hat die Frauenfußball-Weltmeisterschaft für die Sportmedizin gebracht? Außerdem: Die Auszeichnungen und Preisträger der wisschenschaftlichen Wettbewerbe der GOTS, die Auschreibung für die Forschungsförderung und weitere Informationen rund um Sportorthopädie und -traumatologie.
Mit freundlichen Grüßen,
Frank Wechsel und Dr. Wolfgang Schillings, GOTS-Pressesprecher
Die Frauenfußball-WM 2011 in Deutschland präsentierte sich für die Spielerinnen der deutschen WM-Auswahl leider nicht von der schönsten Seite, dennoch stellt sie in der Entwicklung des Frauenfußballs einen absoluten Höhepunkt dar. Der gegenwärtige Trend der Zunahme an Fußball spielenden Frauen sowie der weiteren Professionalisierung weckt daher aus orthopädisch-traumatologischer Sicht großes Interesse in Bezug auf die geschlechtsspezifischen Besonderheiten bei Verletzungen im Frauenfußball.
Verletzungszahl steigt
Zwar verletzen sich Frauen beim Fußball im Vergleich zu den Männern immer noch weniger, aber insgesamt ist die Zahl der Verletzungen in den letzten Jahren stetig gestiegen. Die meisten Verletzungen entstehen beim Gegnerkontakt und durch Fouls. Die Verletzungsrate im Spiel ist erwartungsgemäß höher als im Training. Die Verteilungsmuster der Verletzungen sind bei Männern und Frauen sehr ähnlich, allerdings sind einige geschlechtsspezifische Unterschiede evident.
Sprunggelenksverletzung an erster Stelle
Mit 21 Prozent ist die Distorsion des oberen Sprunggelenks (OSG) die häufigste Verletzung im Frauenfußball. So zog sich beispielsweise die deutsche Nationalspielerin Melanie Behringer im WM-Vorrundenspiel gegen Nigeria eine OSG-Distorsion mit Zerrung des Lig. fibulotalare anterius zu. Dies ist eine typische Verletzung nach einem Supinationstrauma. Die medialen Bänder des OSG sind deutlich weniger häufig betroffen. Seltener sind auch Syndesmosenverletzungen, die aber keinesfalls übersehen werden dürfen. Bei der Akutbehandlung auf dem Spielfeld steht im Vordergrund, eine rasche Entscheidung zu treffen, ob die Spielerin eine signifikante Bänderverletzung erlitten hat. Wichtigste Soforttherapie ist hier das PECH-Schema (Pause, Eis, Compression, Hochlagern). Je schneller die Blutung gestoppt und die Gelenksschwellung eingedämmt wird, desto kürzer ist die Rehabilitation für die Spielerin. Dabei steht die konservative Behandlung der Bandverletzungen am oberen Sprunggelenk im Vordergrund. Ausnahme bildet hier die Syndesmosenverletzung, die operativ durch Naht und Stellschraube oder Tight-Rope versorgt werden sollte.
Gefährdetes vorderes Kreuzband
In 12 Prozent der Verletzungen beim Frauenfußball ist das Knie betroffen. Weibliche Athleten erleiden in Spielsportarten bis zu 9,5-mal häufiger eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) als männliche Athleten. 72 bis 95 Prozent der VKB-Rupturen passieren in „Nicht-Kontakt-Situationen“. VKB-Verletzungen treten am häufigsten bei der Landung nach Sprüngen und bei schnellen Richtungswechseln auf. Ursächlich werden anatomische (zum Beispiel vergrößerter Q-Winkel, Valgusstellung), physiologische (zum Beispiel Quadrizepsdominanz bei Frauen – antagonistische Wirkung auf das VKB) und hormonelle Faktoren diskutiert. So zog sich auch die deutsche Nationalspielerin Kim Kulig bei der WM eine vordere Kreuzbandverletzung zu. Dies bedeutet für die Spielerin nach operativer Versorgung und Rehabilitation eine sechs- bis neunmonatige Spielpause. Um solchen Verletzungen vorzubeugen, hat die FIFA ein spezielles Präventionsprogramm entwickelt.
Kopfverletzungen nicht unterschätzen
Bei Kopfverletzungen, die in 17 Prozent der Fälle auftreten, ist insbesondere der erstbehandelnde Mannschaftsarzt auf dem Spielfeld gefragt. Beim geringsten Verdacht auf eine Gehirnerschütterung oder eine schwerere Hirnverletzung muss die Spielerin sofort aus dem Spiel genommen und gegebenenfalls einer entsprechenden Diagnostik mittels Computertomographie zugeführt werden. Die FIFA hat eine SCAT-Taschenkarte entwickelt, die zur Einschätzung der Kopfverletzungen verwendet werden kann. Diese SCAT-Karte besteht aus einer Auflistung typischer Symptome, einigen Fragen zur Überprüfung der Hirnfunktionen und einem Gleichgewichtstest. Ist eines der aufgeführten Anzeichen und Symptome feststellbar, hat die Spielerin möglicherweise eine Gehirnerschütterung erlitten und muss bis zur genaueren Untersuchung durch einen Arzt aus dem Spiel genommen und ständig beobachtet werden. Dieser Test sollte grundsätzlich bei jeder Kopfverletzung durchgeführt werden, um keine gravierenden Folgeschäden zu riskieren.
Verletzungslokalisation bei Fußballspielerinnen bei FIFA-Turnieren
Knöchel: 21 %
Kopf: 17 %
Unterschenkel: 15 %
Knie: 12 %
Oberschenkel: 11 %
Obere Extremität: 10 %
Oberkörper: 8 %
Die wichtigsten Maßnahmen zur Verletzungsvorbeugung
Der Autor:
Dr. Ingo Tusk (Frankfurt) ist Facharzt für Orthopädie, Spezielle Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin. Er ist Leiter der Sektion „Sportorthopädie und Endoprothetik“ an der Fifa-Delegationsklinik Rotes Kreuz in Frankfurt am Main. Von 2001 bis 2003 wirkte er als Kooperationsarzt beim Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, seit 2005 arbeitet er als Mannschaftsarzt beim Zweitligisten Kickers Offenbach und beim Frauen UEFA-Cup-Sieger 1. FFC Frankfurt. Für die Betreuung der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war er akkreditierter FIFA-Arzt und bei der FIFA-Frauen-WM 1011 war er Venue Medical Officer. Im Mai 2009 wurde Dr. Tusk erneut zum Vizepräsidenten der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention und im Mai 2010 zum Präsidenten des Sportärzteverbandes Hessen gewählt. Zudem ist er Experte der Redaktion service-gesundheit beim Hessischen Rundfunk. Dr. Ingo Tusk ist GOTS-Mitglied seit 1999.
Zum 14. Mal wurde anlässlich der Jahrestagung der GOTS in München der Michael-Jäger-Preisverliehen. In einem hochklassigen Wettbewerb setzte sich Dr. med. Jens Dargel von der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Universität zu Köln (Prof. Eysel) vor seinen Mitbewerbern André Leumann und Florian Halbwirth durch. Das Abstract der ausgezeichneten Arbeit mit dem Titel „Die ligamentäre Instabilität des Ellenbogens: Biomechanische Untersuchungen zur Wertigkeit aktueller Techniken der medialen und lateralen Kollateralbandrekonstruktion“ finden Sie im Anhang zu diesem Newsletter. „Die drei Arbeiten in der Entscheidung waren alle auf gleich hohem wissenschaftlichem Niveau“, sagte Dargel nach der Preisverleihung. „Daher bin ich sehr froh, aus diesem Wettbewerb als glücklicher Sieger hervorgegangen zu sein.“ Die weiteren Auszeichnungen:
Sporlastic-Posterpreis
1. Platz: Simon Lenschow: Struktureigenschaften einer neuen Kreuzbandfixationstrategie bei Doppelbündelrekonstruktion des vorderen Kreuzbandes: Die Mini-Shim Technik
2. Platz: Mirko Herbort: Einzelbündel VKB Rekonstruktion in medialer Portaltechnik: Kniegelenkkinematik nach femoraler Tunnelpositionierung mit konventionellem Zielgerät und neuem medialen Portal-Zielgerät
3. Platz: Ronny Pfefferkorn: Der Einfluss von Ringbandrupturen auf Reibungskraft und exzentrische Maximalkraft im Beugesehnenapparat
Bester Vortrag des Kongresses
Mathias Wellmann (Hannover): AC-Gelenksverletzungen vom Typ Rockwood III: Ist die horizontale Instabilität als eigenständiges Operationskriterium zu werten?
neurotech Young Investigator Award
1. Platz: Patrick Sadoghi (Graz/österreich)
2. Platz: Dominic Mathis (Bruderholz/Schweiz)
3. Platz: Berit Schiffke (Hannover/Deutschland)
Best-Paper-Preis
1. Platz: Stefanie Süre/Karl-Heinz Kristen
2. Platz: André Leumann
3. Platz: Iris Reuter
Freund und Förderer der GOTS
Bernd Roller (Jena)
Ehrenmitglied der GOTS
Heiner Heß, Gründungspräsident (1986-1994)
Das Zentrum für Regenerative Medizin an der Donau-Universität Krems bietet in vier Semestern mit 70 ECTS-Punkten (360 Unterrichtseinheiten) ein Masterstudium für moderne orthopädische Operations- und Behandlungsstrategien von Erkrankungen des Bewegungsapparates an.
Curriculum unter www.donau-uni.ac.at/zrm
Start: 16.- 19. November 2011
Abschluss: Master of Science (MSc)
Wissenschaftliche Leitung: Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer
Information:
Tel.: +43 2732/893-2602,
E-Mail: ulrike.stambera@donau-uni.ac.at
www.donau-uni.ac.at/zrm
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Sportmedizinische Fortbildung und Qualitätssicherung in Klinik und Praxis
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